03
Jan

Kunstausstellung im Lindenfeld: Emanzipiert, mutig und neugierig dem Stern der Berufung folgend

Christine Lange ist als freiwillige Mitarbeiterin im Lindenfeld tätig und schenkt Menschen im Suhrer Pflegezentrum Zeit. Jede Woche singt sie mit den Bewohnenden im Haus am Teich, und alle zwei Wochen mit einer Gruppe im Haupthaus. Ausserdem gehört sie zur Gruppe von Freiwilligen, die Sterbende auf ihrem letzten Weg begleiten.
Christine unterstützt zudem die nächste Kunstausstellung im Lindenfeld, die ab dem Samstag, 13. Januar 2024 im Erdgeschoss zu sehen sein wird. Speziell an dieser Ausstellung wird sein, dass die Künstlerin, Therese Frei-We nicht mehr anwesend sein wird, da sie im Jahr 2022 verstorben ist. Christine Lange kümmert sich also um ihre Nachlasswerke, die auf das bewegte und bewegende Leben der Künstlerin hinweisen.

Viel Freude beim Lesen des Interviews, um mehr über die erstaunliche Künstlerin zu erfahren.


S. Mayer-Jacober: Christine, in welchem persönlichen Bezug stehst du zu der im Jahr 2022 verstorbenen Künstlerin The-rese Frei-We?
Chr. Lange: Ich habe sie nicht gekannt und bin ihr nur ein einziges Mal begegnet, als wir die Bilder besichtigen durften, die sie uns schenken wollte. Aber da habe ich mich vor allem auf die Bilder konzentriert.

Ein Künstlername entsteht

S. Mayer: Bei unserem ersten Zusammentreffen, im November 2023, ist mir die besondere Schreibweise des Namens von Frau Frei-We aufgefallen. Was steckt dahinter?
Chr. Lange: Sie erzählte, dass auf einem Plakat der ganze Name Therese Frei-Wehrli nicht Platz fand, sondern nur Therese Frei-We. Da habe sie beschlossen, das sei nun ihr Künstlername.

S. Mayer: Im Interview mit der Künstlerin „Dem Licht zugewandt“, erfährt Pfarrer Andreas Fischer von der Reformierten Kirche Rheinfelden Erstaunliches. Wenn ich das Gelesene selbst zusammenfassen darf, so würde es lauten: Eine seit Kindsbeinen aufgeweckte, neugierige, phantasievolle Frau, die in den 70iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts als emanzipiert und experimentierfreudige Frau und Künstlerin ihren Weg ging. Wie sähe deine Kurzbiografie zu Frau Frei-We aus?
Chr. Lange: Sie war eine Frau, die dem Stern ihrer Berufung gefolgt ist, offen, an vielem interessiert und manches hinterfragend, experimentierfreudig, sehr empathisch, sensibel und mit feinem Humor begabt. Sie litt an schweren Depressionen und wurde von extremen Schmerzen geplagt, die sie tapfer ertrug, letztlich war sie jedoch dem Lichte zugewandt.

Künstlerisches Vermächtnis sichtbar machen

S. Mayer: Kurz vor ihrem Tod hat Therese Frei-We ihre Werke dem Entwicklungsprojekt „Source de Vie“ vermacht. Weshalb? In welchem Bezug stand die Künstlerin zu diesem Hilfswerk, das in Afrika zu verorten ist?
Chr. Lange: Die Künstlerin war mit meiner Schwester, Margrit Dieterle, befreundet, die das Entwicklungsprojekt mit einem Afri-kaner zusammen gegründet hat. Über sie und durch die periodischen Infobriefe hat sie von «Source de Vie» gehört und das Pro-jekt für gut befunden. Gewiss hat sie auch gehofft, dass auf diesem Weg noch einige ihrer Bilder einen Platz finden, wo sie geschätzt werden.


S. Mayer: Ich habe gelesen, dass Frau Frei-We viel Erspürtes auf feinfühlige Art und Weise in Bilder verwandelt und derart ihre Krankheit verarbeitet hat. Würdest du die Werke als schwermütig oder als realistische Darstellung aus dem Leben betiteln?
Chr. Lange: Ich kenne depressive Bilder, sie sind aber nicht in der Ausstellung. Sie hat mit vielen Ausdrucksformen experimentiert, realistisch oder verschieden stark abstrahiert: Landschaften, Wasserbilder, ihr Weberschiffchen, ein Zyklus von Körperbildern, Empfindungsbilder, «Bilderwelten», die, schwarz auf weiss, sehr filigran sind (eines ist noch im Portfolio); Umsetzung eines Rilke-Gedichtes in ein Bild, wie Musik, und in der letzten Schaffensphase Bilder im Stil japanischer Malerei. Ihr letztes Bild ist eine wunderbare nächtliche Berglandschaft, die aber schon ihren Platz gefunden hat.

Tiefgründiger Blick auf das Leben

S. Mayer: Hast du ein Lieblingsbild? Wenn ja, welches und warum?
Chr. Lange: Mein erstes Lieblingsbild war ein Bild ohne Titel. Da kommt mir viel Licht und Kraft entgegen, wie eine Erfahrung von Wahrheit, die sie auf‘s Sorgfältigste niederschreibt, und die Ahnung von noch viel Grösserem, das zu fassen uns übersteigt. Inzwischen sind mir durch die lange Beschäftigung damit auch andere Bilder sehr lieb geworden, z.B. «das Paar». Ich glaube, es geht nicht um die Darstellung des Paares, sondern um die Frage: Wie kann man Liebe Malen, wie sie Menschen durchstrahlt?

S. Mayer: Was möchtest du uns noch mit auf den Weg geben?
Chr. Lange: Die Bilder zielen nicht darauf ab, zu dekorieren, sie wollen etwas sichtbar machen. Es lohnt sich, sich in die Bilder zu vertiefen und sich dafür Zeit zu nehmen.

S. Mayer: Liebe Christine, ich bin wirklich sehr beeindruckt ob der Tiefe und Tiefgründigkeit deiner Ausführungen. Wenn ich einen Wunsch äussern darf, dann der, dass sich die Betrachter und Betrachterinnen der ausgestellten Werke ebenso die Zeit nehmen in die vielen Themen der Künstlerin einzutauchen. Herzlichen Dank für deine Zeit und deine reflektierten Ausführungen.

Veranstaltungshinweis
Vernissage „Source de Vie“
Samstag, 13. Januar ab 16.00 Uhr
Restaurant Teichblick
Eingangs Referat von Christine Lange zum Leben und Schaffen der Künstlerin. Musikalische Begleitung.